King Kong (2005)
Verfasst: Mittwoch 25. Dezember 2013, 21:40

Muss ja nicht immer HERR DER RINGE sein... und so ist dieses Jahr mal wieder Peter Jacksons KING KONG in der Extended Edition als "Weihnachtsklassiker" im Player gelandet...
Und ich liebe ihn noch immer, ähnlich wie das Original aus dem Jahre 1933. Dass fängt schon mit den herrlich altmodischen und einfachen Opening- bzw. End-Credits an, und geht mit der gelungenen Exposition der Wirtschaftskrise während der großen Depression/Prohibition weiter. Dazu der stimmige Score von James Newton Howard (hier vermisse ich Howard Shore überhaupt nicht), der die Kluft zwischen Vergangenheit und Gegenwart ebenso harmonisch überbrückt wie der Rest des Filmes. Allein die Detailverliebtheit, mit der Weta Digital hier das alte New York der 30er - in dem das Empire State Building noch ganz jung war - wiederauferstehen lässt, ist sein Geld wert. Und so stört es mich auch nicht im geringsten, dass über das komplette erste Drittel eines nicht gerade kurzen Filmes vom haarigen Titelhelden - von ein paar orakelhaften Andeutungen abgesehen - nichts zu sehen ist. Und selbst als die "Venture" endlich etwas überhastet in See sticht, wird die Reise nach Skull Island für die ausführliche Einführung der menschlichen Protagonisten genutzt, was glänzend gelingt. Und so wird das eigentliche Action-Spektakel in KING KONG dann praktisch erst mit dem allerersten Schrei von Naomi Watts (die dankenswerterweise nicht genötigt wird Fay Wray als "Scream Queen" zu übertreffen) eingeleitet... und von Kong mit einem nicht weniger markerschütternden Schrei - wie mit den Trompeten von Jericho - beantwortet (den es im Original nicht gab). Ein genialer dramaturgischer Kniff... und ab diesem Zeitpunkt geht dann buchstäblich die Post ab...
Was Jackson da an Glibber-, Krabbler-, und Flatter-Getier auffährt (in Extended Edition gibt es da noch einige zusätzliche Spezies zu bewundern, die die Handlung nicht zwingend bereichern, aber doch abrunden), mag fast schon etwas inflationär wirken, aber zumindest die "Dino-Stampede" oder der Kampf "Kong vs. 3x T-Rex" (während er mit Ann Darrow jongliert) dürften neben einigen Szenen aus JURASSIC PARK wohl zur unsterblichen "Hall of Fame" der Dinosaurier-Visualisierungen zählen. Hoffnungslos übertrieben, aber spektakulär und unterhaltsam. Dann die Eingeborenen, das unheimliche kleine Mädchen, die auch optisch glänzend ritualisierte "Opferzeremonie", umrahmt von Feuer und Trommelwirbel... und - Tadaa - dann endlich Vorhang auf für den eigentlichen Hauptdarsteller, ein zotteliges und zernarbtes Schlachtross von einem Gorilla, gezeichnet von unzähligen Kämpfen als Einzelgänger in einer feindlichen Umwelt. Auf Skull Island der "King" bzw. das unumstrittene Ende der Nahrungskette, aber auch das letzte Exemplar seiner Art...
In Zeiten des Remake-, Sequel-, Prequel-, Reboot-Wahns mag die Beurteilung, ob nun ausgerechnet dieses Remake seine Berechtigung hat, aus technischer Sicht nach über 70 Jahren beinahe irrelevant sein (Guillermins Remake mir Jeff Bridges und Jessica Lange ignoriere ich jetzt einfach mal). Die Stop-Motion-Technik von Willis O'Brian hat aber auch heute noch ihren Charme und wäre alleine noch kein zwingender Grund für ein Remake. Fakt ist aber auch, dass der erste "digitale" Kong noch nie so realistisch, und bezüglich seine Emotionen noch nie so glaubhaft (und menschlich) wirkte. Da hat Weta Digital (nach Gollum) wieder Pionierarbeit geleistet, und es verwundert wohl niemanden, dass Weta Digital daher auch bei der Neuauflage von PLANET DER AFFEN erste Wahl war. Das Alleinstellungsmerkmal von Jacksons KING KONG liegt für mich daher eher in der Interpretation der scheuen "Romanze" zwischen "Beauty and the Beast", zwischen Mensch und Riesengorilla. Diese Beziehung zwischen Kong und Ann, und deren Entwicklung, wirkt nicht nur glaubhaft, sie rührt auch und berührt, ohne sich je der Kitschgrenze zu nähern. Und wenn die beiden gemeinsam den Sonnenuntergang anstarren, dann möchte man sich am liebsten schweigend dazu setzen... und einfach nur den Augenblick genießen...
Last but noch least mag KING KONG eine respektvolle Verneigung vor dem Original darstellen, das sein Vorbild in vielen Details liebevoll referenziert, letztlich ist es aber auch eine generelle Hommage an das klassische Abenteuerkino, es "atmet" den Geist eines H. G. Wells oder Jules Verne. Spektakuläre Bilder und Visionen, aber alles mit einem leichten Augenzwinkern, so dass auch dramatische oder emotionale Momente etwas entschärft und erträglicher werden. Ein Film mit Herz und Seele, aber ohne aufdringliche Moral, ohne erhobener Zeigefinger, dafür spektakuläre Bilder und eine Kinnlade, die über drei Stunden eine Etage tiefer hängt als üblich. Genau dafür wurde Kino gemacht...